Dynamo Saal, Zürich
Lineup: State Champs, Knuckle Puck, Trash Boat, WSTR, Can’t Swim, Broadside, Woes
Um die Jahrtausendwende dominierten Pop-Punk Bands wie Blink-182 oder Sum 41 das Radio, doch mittlerweile hat der kommerzielle Erfolg des Genres stark abgenommen. Es gibt aber seit einige Jahren eine neue Welle von Bands in den USA und der UK, die ganz im Stil dieser 2000er-Pop-Punk-Gruppen wieder Musik mit polierten Drei-Akkord-Riffs und grossen, mitsingbaren Refrains. Das Galaxy Camp Festival hat einige dieser Bands für eine kurze Tour mit Halt in Zürich, Karlsruhe, Köln und Leipzig vereinigt. Es ist das erste Pop-Punk Festival in Deutschland und der Schweiz, sozusagen eine europäische Version der nordamerikanischen Warped Tour. Die Zürcher Ausgabe mit sieben Bands im Dynamo Saal findet vor wenigen, aber begeisterten, Fans statt.
Mit so vielen Bands ist die Türöffnung an diesem Abend bereits um 5 Uhr, entsprechend sind beim ersten Set von Woes aus Schottland nur etwa 20 Leute im Saal, bei Broadside aus Virginia, USA sind es schon einige mehr. Dessen Lieder, wie Storyteller, das erste, das die Band geschrieben hat, sind typisch für diesen Abend: Punk-Melodien mit Pop-Schliff und Songtexten, mit denen sich das mehrheitlich junge Publikum identifizieren kann. Es ist ein Glück, dass Broadside in Zürich überhaupt dabei sind: Die Band erzählt, wie sie erst vor 40 Minuten angekommen sind, obwohl dies ein Tag vorher hätte geschehen sollen. Can’t Swim aus New Jersey bieten die fetzigsten Riffs an diesem Abend, ihre Musik ist im Vergleich mit den anderen Bands am Galaxy Camp wesentlich unpolierter, und die Stimmen von Lead-Sänger Chris LoPorto und Bassist Greg McDevitt ergänzen sich gut. Lieder wie 50 Million Dollarsund Come Homemachen Spass, und das Publikum, welches zugegebenermassen nicht riesig ist, gibt im Pit und beim Mitsingen weiterhin Gas. WSTR aus Liverpool betreten die Bühne zu einem Buzz Lightyear-Audioclip, vielleicht, weil es zum Galaxy Camp passt. Leadsänger Sammy Clifford singt trotz der Herkunft der Band wie ein mit der typischen nasalen Stimme eines amerikanischen Pop-Punks, und er heizt dem Publikum ordentlich ein, indem er sie zu einem Circle Pit auffordert. Die Band debütiert in Zürich eine neue Single, aber beim Lied Eastbound & Down hüpft und singt das Publikum mit dem grössten Enthusiasmus. Die ebenfalls aus England stammenden Trash Boat mischen ihr Pop-Punk mit einigen Metalcore-Elementen auf, auch sie fordern das Publikum zum Circle Pit auf und debütieren eine neue Single, sie geben aber auch zu: „We’re the fifth band to ask how you’re doing tonight. You must be sick of being asked how you’re doing.“ Auch diese Band feiern die jungen, eingefleischten Fans, aber leider ist der Ton bei diesem Set suboptimal abgemischt, was sich besonders bei den metallischeren Riffs von Trash Boat bemerkbar macht. Dafür überzeugen Knuckle Puck aus Chicago bei ihrem ersten Schweizer Auftritt überhaupt: Die Band kombiniert schnelle, eingängige Riffs mit langsameren Emo-Elementen, und spielt viele Songs aus ihrem 2017 Album Shapeshifter, aber auch ältere Nummern wie No Good oder Evergreen. Leadsänger Joe Taylor gibt sich auch äusserst dankbar für die grossartige Unterstützung der Fans und betont, dass die Band wie sie nur Menschen sind, man solle nach dem Konzert doch kurz Hallo sagen. Als siebte und letzte Band treten State Champs aus Albany, New York auf, nach dem Loudfest im vergangenen Juni ist dies ihr zweites Zürcher Konzert. Die Band bleibt stilistisch bei einem klassichen Pop-Punk-Sound, aber Songs wie All You Are Is History weisen schon ganz grossartige Hooks auf. Spätestens bei diesem Headliner-Auftritt fällt aber auch auf, wie leer der Saal eigentlich ist: Selbst in der vorderen Reihe haben die ZuhörerInnen ordentlich Platz, der Moshpit dahinter ist aussergewöhnlich geräumig, und in der hinteren Hälfte des Raums gibt es keinen einzigen Menschen. Diejenige, die gekommen sind, geben trotzdem weiterhin Vollgas und Leadsänger Derek DiScanio bedankt sich dafür, dass die Fans den ganzen Abend geblieben sind. Als einzige Band am Galaxy Camp spielen State Champs eine Zugabe, und zwar mit den Songs Critical und Secrets.
Die erste Ausgabe des Galaxy Camp vermag mindestens in Zürich nur wenige Leute anzulocken, den Bands und Fans dürfte dies einigermassen egal sein, denn sie haben sichtlich Spass gehabt und Pop-Punk ist als Genre sowieso seit 1999 Through Being Cool. Insbesondere Knuckle Puck haben bei ihrem ersten Schweizer Konzert überzeugt, aber auch die anderen Bands haben bei ihren Auftritten alles für einen guten Konzertabend gegeben.
Text: Milo Schärer / Foto: Tobias Marti / Bonz.ch