Extrafish (CH) 30. August 2017

Barfuss-Bar, Zürich

Was ist schon normal? Normal ist anders. Grandiose Dada-Musik in spezieller Atmosphäre – virtuose Musiker, stimmige Location und im Regen tanzendes Publikum. Ein einzigartiger Abend mit vielen Überraschungen.

Das Schweizer Quartett Extrafish lässt sich nicht in eine Schublade stecken. Diese Band bewegt sich zwischen diversen Genres wie ein Fisch an Land: zappelnd und springend. ‚Balkan Dada Dub‘ oder ‚Fake Ethno‘ nennen sie ihre einzigartige Mischung. Und ebenso aussergewöhnlich ist die Location, in der sie an diesem Abend auftreten – Die Barfussbar ist tagsüber eine Frauenbadi. Glücklicherweise werden die Tore am Abend jedoch auch für Männer geöffnet. Lediglich die Schuhe müssen draussen bleiben, denn der Name ist Programm. Deshalb wird man beim Einlass höflich darum gebeten, die Schuhe auszuziehen und in den Garderoben zu verstauen.

Kurz nach halb 9 betritt die Band, Fischmasken auf dem Kopf, die etwas improvisierte Bühne in einer überdachten Ecke. Der Opener trägt den wunderbaren Titel Hyperactive Dschingisbalkan Level 1 und beginnt groovig und orientalisch. Ein durch skurrile Effekte auf der Gitarre geprägtes Zwischenspiel unterbricht den Groove etwas und sorgt für Abwechslung. Im Publikum führt dies Teilweise zu überraschten bis verwirrten Blicken. Doch die Jungs können noch viel extremer. So zum Beispiel im Lied Bla Fisch: Ein skurriler Dub Part geht über in eine kratzende und hallende Gitarre. Schliesslich endet das Stück in einem virtuosen Noise Ausklang mit einem absurden „Bla bla“ Geschrei des Sängers und Gitarristen Valentin Baumgartner – Das Publikum ist komplett verwirrt, Dadaismus vom Feinsten!

Sie können aber auch ernst. So sind die letzten Lieder des ersten Sets zum Teil geradezu tiefgründig und regen zum Nachdenken an: Less Than Meets the Eye ist von einem träumerischen, melancholischen Gesang geprägt, begleitet nur durch Saxophon und Perkussion (Baumgartner trommelt mit einer Gabel auf einer Dose). Atlantis Utopia Fisch hat einen Gypsy-Groove und der deutsche Gesang erinnert an Künstler aus dem deutschen Alternativ Hip Hop wie Käptn Peng oder Ohrbooten. Schweigen gegen Geld schliesslich ist ein lockerer Reggae Tune mit einem eingängigen Mitsing-Refrain – Inhaltlich inspiriert von Marc-Uwe Kling’s Känguru Chroniken.

Noch bevor das zweite Set beginnt, erreicht die schon lange am Horizont lauernde Regenfront die Barfussbar. Schnell reagiert das Personal und es werden Pelerinen verteilt. Dies gibt der Stimmung jedoch keinen Einbruch, im Gegenteil: Während das Publikum zu tanzbaren Nummern wie Dschinghis Balkan im ersten Set noch grösstenteils sass, wird nun zum energetischen Hit The Engineer im strömenden Regen getanzt. In den darauffolgenden Nummern beweisen die Fische weiter ihr virtuoses Können: Theodor Roosvelt Fisch geht von zackigem Kletzmer in gemütlichen Dub über. Mein Hamster hat meinen Hund gefressen wechselt zwischen Gypsy Jazz, Kletzmer und New Orleans Jazz. Gegen Ende klatscht die Band einen virtuosen Rhythmus. Einige im Publikum versuchen mit zu klatschen, scheitern aber kläglich.

Der Regen lässt nach, der Dadaismus kommt wieder stärker zum Vorschein: Hyperactive Dschingisbalkan Level 2 und Burkaparty Fitler Hicken treiben das Ganze noch einmal auf die Spitze. Letzteres wurde übrigens einst von einem Radio Sender im Titel zensiert. Schliesslich neigt sich der Abend mit zwei für die Band ungewöhnlich ’stabilen‘ und damit durchgehend tanzbaren Stücken. Imaginary Fish geht in Richtung Electro Swing und glänzt mit einem grandiosen Saxophon Solo. Und ebenso zum Tanzen zwingt die Zugabe, welche an diesem Abend die einzige Fremdkomposition ist.

Autor: Patrick Staub