Archiv der Kategorie: Konzert Review

Mando Diao (SWE) – 26.11.2019

Location: X-TRA, Zürich
Support: Tom Allan & The Strangest

“The Swedish sensation is back” – Björn Dixgård. Der Sänger, Gitarrist und höchst charismatische Frontman Mando Diao öffnet das Konzert im zürcher X-TRA mit dieser Ankündigung. Sie sind zurück und zwar mit „Bang“ (2019), der frisch im Oktober veröffentlicht wurde.
„Bang“ winkt auf die ersten Alben der Schweden zurück und verabschiedet sich weiter von den elektronischen Tönen von „Ælita“ (2014) und enthält auch keine Lieder in schwedischer Sprache (sowie „Infruset“, 2012).

Mando Diao gelingt es, eine größere Location wie das X-TRA zu füllen. Dixgård baut von Anfang an den Kontakt mit dem Publikum auf. Er ist sehr energetisch und gesprächig und weiss, wie man mit Fans umgeht. Er besitzt ausserdem das Flair eines ältereren Rocknroller. Man merkt, dass Mando Diao bald seit fast 20 Jahren in der Musik-Szene unterwegs sind. Viele Anhänger sind schon gut über 30 und mit der Band aufgewachsen.
„Society“ aus dem letzten Album, gefolgt bei „One Last Fire“ (ebenfalls aus „Bang“) und „All my senses“ („Hurricane Bar“, 2004) werfen die Leute in ein tänzerisches Chaos.Die Band wirkt aber ab und zu viel milderer als vor dem Album „Good Times“ (2017).
Das könnte man als Zeichen einer gewissen Reifung interpretieren oder einfacher, den internen Abwechslungen der letzten Jahren zuordnen (wie z.B. Austritt des Sängers Gustaf Norén im 2015).
Mit Klassiker und neueren Songs wie „Long Before Rock’n’Roll“ oder auch „Bang Your Head“ führten uns Mando Diao zu einer ruhigeren Phase des Konzerts.Ballads wie „Mr. Moon“ und „Ringing Bells“ setzen für einen Augenblick das Energieniveau herab. Aber „All The Things I Do“ und „You Got Nothing On Me“ heben das Tempo wieder auf.
Vor dem Konzertende werden noch „Black Saturday“ (aus „Ælita“), den Hit „Gloria“ und eine verlängerte, interaktive Version von „Dance With Somebody“ (beide aus „Give Me Fire!“, 2009) gespielt.
Der über 10 Minuten lange Konzertabschluss mit singendem Publikum und wildem Tanzen wird sicher nicht so schnell von den Konzertbesuchern vergessen. Was für ein tolle Abschluss!

Links:
https://mandodiao.com/
http://www.mainlandmusic.com/

Calcutta (IT) – 21.11.2019

Support: Margherita Vicario (IT)
Location: Komplex 457, Zürich

Beim betreten der Komplex 457 am letzen Donnerstag fühlte man sich wie in einer Seitenstrasse eines Süd-Italienisches Dorfes. Wäsche hängte als Stage-Background, Italienisch wurde laut gesprochen. Wir sind am Calcuttas Konzert eingetroffen.

Zwischen der Wäsche und vor den Augen der sich füllenden Komplex-Bühne, spielt Margherita Vicario einen emotionalen und treibenden Support-Akt. Sie gilt als New-Comerin der italienischen Indie Szene und ist auch Schauspielerin. Ihre letzen Singles („Abaue“, „Mandela“ und „Romeo“) kombinieren ihre schöne, sanfte Stimme und  einen grossartigen Stimmumfang mit ethnische Beats. Das bewirkte erfolgreiche Lieder sowie einen guten Empfang der Kritik und des Publikums. Und das ganze innerhalb nur zwei Jahren.

Nach einer kurzen Unterbrechung um die Bühne vorzubereiten, meldete sich Calcutta (alias Edoardo D’Erme) gesamt Live-Band  pünktlich zum Konzertbeginn. Er spielt kein Instrument, überfüllt aber die Stage mit seinem Charakter und restlose Interpretierung seiner Lieder.

Obwohl es  nicht schwierig  war, die Publikumsfavoriten zu erkennen, haben die Zuschauer bei den meisten Songs mitgesungen. Beindrücklich war, dass Calcutta das Publikum fast nicht angesprochen hat. Das Engagement entwickelte sich spontan sowie das Mitsingen. Erst nach einigen Stücken hat er die Kommunikation mit die Zuschauern gesucht.

Während der fast ununterbrochenen Show spielte Calcutta ein gut abgerundetes Konzert mit vieler seiner Hits. Lieder aus seinen zwei  Alben „Mainstream“  (2015) und „Evergreen“  (2018) waren stark im Setlist anwesend. „Briciole“, „Kiwi“, „Orgasmo“ und dann noch „Paracetamolo“, „Cosa mi manchi a fare“ . „Nuda nudissima“ und „Oroscopo“ (seine Break-Out Track mit Takagi & Ketra) wurden zu verlangsamten Live-Versionen überarbeitet und quasi einer Dub Stimmung verliehen. Ab und zu wirkten auch die Seile der hängenden Wäsche als Neon-Lichter: einmal Blau, ein andermal Rot.

Durch „Gaetano“, „Milano Dateo“, „Frosinone“ bis hin zum grossen Finale mit „Pesto“ hat das Publikum fleissig Instastories gedreht und immer wieder die Strofen der Lieder mitgesungen.

Mit seinem Erfolg ist Calcutta auf dem Weg, den Vasco Rossi unserer Generation zu werden.

Links:
https://calcuttasitodi.it/
https://justbecause.ch/artists/artist/calcutta

Skepta (UK) – 29.10.2019

Location: Komplex 457, Zürich
Support: AJ Tracey (UK)

Es regnet und vor der Tür steht eine lange Schlange, durch die Wände des Gebäudes filtrieren tiefe, grundbewegende Beats. AJ Tracey (UK) ist in der Mitte seines Sets, er spielt gerade als Warm-Up für Skepta (UK). Die zwei haben vor kurzem ein Single zusammen veröffentlicht („Kiss and Tell“ – 2019). Direkt aus der vibranten Grime Szene Londons, der Grime-König (Skepta) bereitet sich für seinen Zürcher Auftritt vor. Im Bühnenhintergrund hängt eine Alufolie, die wie eine aussenirdische Welt wirkt. Bilder werden auch drauf projektiert.

Viele Fans sind am letzen Dienstag im Komplex 457 eingetroffen, die Räumlichkeiten der Location waren fast komplett voll. Die Spannung vor Skeptas Auftritt sättigte die Luft. Als er auftrat, war das Publikum wild begeistert. Biere flogen durch den Raum. Die viele jungen, männlichen Zuschauer bildeten ein riesiges Moshpit.
Ganz viel aus seinem neuesten  Album („Ignorance is Bliss“ – 2019) hat Skepta vorgestellt: der Hit „Bullet From a Gun“ kurz nach Anfang, über Bilder aus Londons Camden Town U-Bahn Haltestelle sowie „No Sleep“ und „Redrum“ mit ihren Asien inspirierten Intros & Beats. Das Konzert hat er mit „Pure Water“ begonnen, ebenfalls aus „Ignorance is Bliss“.

Durch die gesamte Show hat Skepta mehrmals um mehr Energie aufgerufen: „Where is the energy at? Where is my energy crew?“ so hat er das Publikum sogar mehr aufgeheizt.
Mit „Praise the Lord (Da Shine)“ ging es noch weiter zu Medley mit „Bet“.

Unter roten Lichtern hat er dann „It Ain‘t Safe“, „That‘s Not Me“ (aus „Konnichiwa“ – 2016) sowie seine Single über Voodoo: „No Security“ gesungen. Kurz nachher musste er sein T-Shirt wechseln, so viel hatte er in die Performance reingesteckt. Die Hitze in der Mitte des Moshpits war auch deutlich spürbar. Viele Teilnehmer wirkten komplett überschwitzt und teilweise sogar halb nackt.

Zum grossen Finale hat dann Skepta zwei weitere Hits gespielt, „Man“ and „Greaze Mode“. 

Es folgte leider keine Zugabe und das Komplex 457 hat sich relativ schnell geleert, dazu verantwortlich vielleicht auch die Hitze und die Erschöpfung der Moshpit-Gänger. Insgesamt ein gut aufgerundetes Konzert mit viel Material aus den letzten zwei Alben und ein paar Liedern aus seinen früheren Werke.

Links:
https://helloskepta.com/
https://www.mainlandmusic.com/

Roy Ayers (USA) – 28.10.2019

Location: Moods, Zürich

Letzen Montag hat die US-Neo Soul Legende Roy Ayers das Moods in Zürich bezaubert. Ein sehr geselliger Abend an dem Ayers die verschiedensten Faccetten seiner Musik-Karriere vorgespielt hat. An der ausverkauften Show hat sich der Vibrafonist mit drei weiteren Musikern exhibiert: Schlagzeug, Keys und Bass wirkten zusammen als stripped-back Ensamble, was perfekt zur minimalistischen Moods Atmosphäre gepasst hat.

Mit erfahrenen, sanften Bewegungen über sein elektronisches Vibrafon beginnt Ayers das Konzert.
„Searching“ öffnet, gefolgt von „Red, Black & Green“ beide mit anschliessenden Jam. Schon früh kommt dann „Everybody Loves the Sunshine“. Dank diesem Lied wurde Roy Ayers damals (1976) an dem breiteren Publikum bekannt. Sehr schön, die singenden Zuschauern von jeder Altersgruppe zu sehen! Die Wärme des Vibrafons und die Zärtlichkeit des Pianos sind einfach unwiderstehlich. Zugleich begleiteten die Solos uns in eine Reise durch die 80er Jahre Kaliforniens. Weitere Hits wie „Baby You Give Me a Feeling“ aus „Vibrations“ und die ikonische „Liquid Love“ wurden auch im Lauf des Abends gespielt.

Eine Klub-Stimmung erzeugten die Musiker auch, und zwar mit „Evolution“ aus dem „Mystic Voyage“ Album (aufgenommen als Roy Ayers Ubiquity). Dieser 4/4 Beat wirkte als eine Tanzeinladung. Ebenfalls sehr gut angekommen sind die 80er Melodien von „Love Will Bring Us Back Together“, die zusammen mit „Don‘t Stop The Feeling“ zur Konzertende führten. Ein high-energy Finale, das aber leider nicht durch eine  Zugabe gekrönt wurde. Es ist aber auch verständlich: Roy Ayers ist eine Legende, aber auch fast 80 Jahre alt. Nichtsdestotrotz seine Performance bleibt vom höchsten Niveau und seine Lebensfreude bleibt ansteckend.

Links:
https://www.moods.club/de/programm/event/10614/roy-ayers.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Roy_Ayers