Archiv des Autors: Patrick Staub

The Hunna (UK) & Coasts (UK) – 21.02.18

Papiersaal, 21. Februar 2018

Zwei Bands an einem Abend ist für ein Konzert nichts aussergewöhnliches. Wenn es sich dabei aber um zwei der angesagtesten Nachwuchshoffnungen der britischen Rockszene handelt, darf man sich dieses Spektakel auf keinen Fall entgehen lassen! Ursprünglich hätte der Konzertabend im etwas grösseren Dynamo Saal stattfinden sollen, wurde aber wegen den wenigen Ticketverkäufen in den gemütlicheren Papiersaal verlegt. Trotz der kleineren Location, oder gerade dank dieser, war die Stimmung voller Energie und das Publikum schätzte die Nähe zur Bühne.

Coasts eröffneten den musikalischen Abend. Bereits das Betreten der Bühne bewies, dass sie ein eingespieltes Team sind und sich im Rampenlicht mehr als zu Hause fühlen. Zuerst nahmen die Instrumentalisten ihren Platz ein und hüllten den Saal mit ihrem Synthie-Pop ein. Erst als sich diese Stimmung im ganzen Raum ausgebreitet hatte, betrat auch Sänger Chris Caines die Bühne und die Show konnte beginnen. Die fünf Jungs aus Bristol präsentierten ihren Pop/Rock mit einer energiereichen Show. Während den Dancemoves von Craines wirbelten die Fransen seiner Lederjacke wild umher und man hätte ihm auf der kleinen Bühne mehr Platz gewünscht. Zu Ehren von Zürich spielten sie auch ihren Fifa-Song „Tonight“, welcher es auf den Soundtrack des Fifa 16 Games geschafft hatte. Nach einer guten dreiviertel Stunde verabschiedeten sie sich mit ihrem grössten Hit „Oceans“ und dem Versprechen, Ende des Jahres nochmals vorbeizuschauen.

Nach einer kurzen Umbaupause folgten The Hunna. Die jungen Briten verzauberten das Publikum nicht nur mit ihrem musikalischen Können, sondern auch durch den Charme von Sänger Ryan Potter. Dieser zeigte, dass seine Stimme neben den rockigeren Songs auch in gefühlvolleren Momenten wunderbar klingt. Besonders als er nur von einer Gitarre begleitet ins nächste Lied einstimmte, schmelzten im Publikum das ein oder andere Herz. Zwischen den Songs erzählte Potter kleine Anekdoten von der Tour und schwärmte vom tollen Zürcher Publikum.

The Hunna präsentierten ausser den Liedern von ihrem Debutalbum „100“ zur Freude des Publikums auch neuere Hits, wie ihre neuste Single „Flickin’ Your Hair“ oder „Dare“. Letzteres ist ihr bisher rockigstes Stück und verwandelte den Papiersaal in eine Rock-Höhle. Das gleichnamige Album soll im Mai erscheinen, wir sind gespannt darauf! Nach einer Stunde vollgepackt mit all ihren Hits beendeten The Hunna ihr Konzert mit dem Ohrwurm „Bonfire“, welcher das Publikum in die Nacht hinausbegleitete.

Text: Fabienne Gerber / Fotos: Patrick Straub/ Radio Radius

Extrafish (CH) 30. August 2017

Barfuss-Bar, Zürich

Was ist schon normal? Normal ist anders. Grandiose Dada-Musik in spezieller Atmosphäre – virtuose Musiker, stimmige Location und im Regen tanzendes Publikum. Ein einzigartiger Abend mit vielen Überraschungen.

Das Schweizer Quartett Extrafish lässt sich nicht in eine Schublade stecken. Diese Band bewegt sich zwischen diversen Genres wie ein Fisch an Land: zappelnd und springend. ‚Balkan Dada Dub‘ oder ‚Fake Ethno‘ nennen sie ihre einzigartige Mischung. Und ebenso aussergewöhnlich ist die Location, in der sie an diesem Abend auftreten – Die Barfussbar ist tagsüber eine Frauenbadi. Glücklicherweise werden die Tore am Abend jedoch auch für Männer geöffnet. Lediglich die Schuhe müssen draussen bleiben, denn der Name ist Programm. Deshalb wird man beim Einlass höflich darum gebeten, die Schuhe auszuziehen und in den Garderoben zu verstauen.

Kurz nach halb 9 betritt die Band, Fischmasken auf dem Kopf, die etwas improvisierte Bühne in einer überdachten Ecke. Der Opener trägt den wunderbaren Titel Hyperactive Dschingisbalkan Level 1 und beginnt groovig und orientalisch. Ein durch skurrile Effekte auf der Gitarre geprägtes Zwischenspiel unterbricht den Groove etwas und sorgt für Abwechslung. Im Publikum führt dies Teilweise zu überraschten bis verwirrten Blicken. Doch die Jungs können noch viel extremer. So zum Beispiel im Lied Bla Fisch: Ein skurriler Dub Part geht über in eine kratzende und hallende Gitarre. Schliesslich endet das Stück in einem virtuosen Noise Ausklang mit einem absurden „Bla bla“ Geschrei des Sängers und Gitarristen Valentin Baumgartner – Das Publikum ist komplett verwirrt, Dadaismus vom Feinsten!

Sie können aber auch ernst. So sind die letzten Lieder des ersten Sets zum Teil geradezu tiefgründig und regen zum Nachdenken an: Less Than Meets the Eye ist von einem träumerischen, melancholischen Gesang geprägt, begleitet nur durch Saxophon und Perkussion (Baumgartner trommelt mit einer Gabel auf einer Dose). Atlantis Utopia Fisch hat einen Gypsy-Groove und der deutsche Gesang erinnert an Künstler aus dem deutschen Alternativ Hip Hop wie Käptn Peng oder Ohrbooten. Schweigen gegen Geld schliesslich ist ein lockerer Reggae Tune mit einem eingängigen Mitsing-Refrain – Inhaltlich inspiriert von Marc-Uwe Kling’s Känguru Chroniken.

Noch bevor das zweite Set beginnt, erreicht die schon lange am Horizont lauernde Regenfront die Barfussbar. Schnell reagiert das Personal und es werden Pelerinen verteilt. Dies gibt der Stimmung jedoch keinen Einbruch, im Gegenteil: Während das Publikum zu tanzbaren Nummern wie Dschinghis Balkan im ersten Set noch grösstenteils sass, wird nun zum energetischen Hit The Engineer im strömenden Regen getanzt. In den darauffolgenden Nummern beweisen die Fische weiter ihr virtuoses Können: Theodor Roosvelt Fisch geht von zackigem Kletzmer in gemütlichen Dub über. Mein Hamster hat meinen Hund gefressen wechselt zwischen Gypsy Jazz, Kletzmer und New Orleans Jazz. Gegen Ende klatscht die Band einen virtuosen Rhythmus. Einige im Publikum versuchen mit zu klatschen, scheitern aber kläglich.

Der Regen lässt nach, der Dadaismus kommt wieder stärker zum Vorschein: Hyperactive Dschingisbalkan Level 2 und Burkaparty Fitler Hicken treiben das Ganze noch einmal auf die Spitze. Letzteres wurde übrigens einst von einem Radio Sender im Titel zensiert. Schliesslich neigt sich der Abend mit zwei für die Band ungewöhnlich ’stabilen‘ und damit durchgehend tanzbaren Stücken. Imaginary Fish geht in Richtung Electro Swing und glänzt mit einem grandiosen Saxophon Solo. Und ebenso zum Tanzen zwingt die Zugabe, welche an diesem Abend die einzige Fremdkomposition ist.

Autor: Patrick Staub

Wettbewerb!

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Viel Glück!

Konzert Review – God is an Astronaut (Irl) 8. Juli 2017

 

Rockiges Weltraum-Jubiläum

Seit 15 Jahren ist das irische Quartett God is an Astronaut ein Vorzeigebeispiel für die kleine Nische des Space Rock. Trotz Geheimtipp-Status unter Fans von instrumentalem Post Rock, spielt die Gruppe oft in ausverkauften Hallen. So auch während ihrer 15 Year Anniversary Tour im kleinen aber feinen Bogen F. Der Club liegt innerhalb des alten Viaduktes und ist mit dem steinernen Bogen als Decke und Wände ein optisch stimmungsvolles Juwel.

Nach der Türöffnung steigt die ohnehin schon hohe Temperatur rapide an, denn früh positionieren sich die ersten gespannten Fans und füllen den Club. Um Punkt 9:30 Uhr betritt die Band die Bühne und eröffnet mit dem Doppel Pig Powder und Age of the Fifth Sun. Der träumerisch, progressive Opener aus dem aktuellen Album Helios/ Erebus wird von einer visuellen Show untermalt, welche das Publikum in eine bunte Sphäre aus Laser und Rauch entführt. Damit inszenieren die Instrumental-Rocker die Ruhe vor dem Sturm. Mit Age of the Fifth Sun hebt die Rakete ab: In mitten eines Gewitters aus Blitzlichtern legt die Band wuchtig und schwer los. Der Auftakt endet in kompletter Dunkelheit – einzig die Wand hinter der Band wird von vielen kleinen Lichtern erhellt. Es scheint, als würde man den Sternenhimmel betrachten.

Bevor es mit dem groovigen Echoes weitergeht, beweist der Frontmann Torsten Kinsella, dass die instrumentalen Klänge über den vokalen stehen: Ein schlichtes „Thank you“ sind vorerst die einzigen gesprochenen Worte. Die erste, halbbatzige Ansage kommt erst zwei Lieder später, zu Point Pleasant. Doch die Stimmung ist gesetzt: Instrumentaler Rock vom feinsten wird während der gesamten Show von einer perfekt passenden Lichtshow untermalt.

Die Stimmung im Publikum fällt für ein Rock Konzert untypisch aus: Es findet wenig Bewegung statt. Einzig ein paar Köpfe nicken moderat zum Takt der Musik. Bei heavier gespielten Passagen, wie zum Beispiel dem grossartigen Red Moon Lagoon, wird aber fast ein richtiges Headbangen daraus. Aber die Fetzen fliegen – zum Glück – nicht. Denn die Musik lädt zum träumen ein und so scheinen die Zuhörer in ihren eigenen Emotionen und Visionen versunken zu sein. Besonders die ruhigen und melancholischen Nummern wie Snowfall (pure Programmmusik!), Fragile und Forever Lost entführen so manchen in weit entlegene Sphären. Letztgenanntes Stück wird dem an den Synthesizern ausfallenden Jamie Dean gewidmet. Der Heute an den Tasten einspringende Mann wird kurz und knapp als „Robert“ vorgestellt.

Nach 13 zum Teil überlangen Stücken merkt man, dass sich der Abend dem Ende zuneigt. Am Ende des wechselhaft, progressiven From Dust to the Beyond verlassen die Bandmitglieder einer nach dem anderen die Bühne, bis nur noch der Drummer übrig bleibt. Doch schnell kehren sie zurück, um mit dem Zugaben-Doppel Route 666 und Suicide by Star die Stimmung und die Temperatur ein letztes Mal anzuheizen. Beide Tracks bringen ungeahnte Bewegung ins Publikum und während dem gewaltig rockenden letzten Stück powert sich nicht nur die Band vollständig aus, sondern auch die Zuhörer.

Fazit: Die Band ist dermassen in ihrer Musik versunken, dass fast keine Interaktion mit dem Publikum statt findet. Dementsprechend sind sie jedoch technisch grandios und harmonisieren perfekt im Zusammenspiel. Der Charakter jedes einzelnen Tracks wird von der atemberaubenden Lichtshow eingefangen. Trotz extremer Hitze und etwas zu hoher Lautstärke ein gelungener Abend in tadelloser Optik und Akustik. Weltraum-Feeling vom Feinsten!

Fotocredit: Dominik Meier, Zürich